· 

Schach - Serie 128

Weiß zieht in gewinnt. (Matt in 4 Zügen)
Weiß zieht in gewinnt. (Matt in 4 Zügen)

Nichts geht mehr im organisierten Sport. Stadien leer, Sporthallen verwaist. Alle Wettkämpfe bis auf weiteres abgesagt. Auch die Schachspieler sind von diesen Einschränkungen betroffen. Obwohl bei Schachpartien keinerlei körperlicher Kontakt zustande kommt und ein ordentlicher Abstand zwischen den gegenüber sitzenden Spielern besteht, sind auch hier alle Spiel- und Trainingsstätten geschlossen und Wettkämpfe abgesagt. Ob noch bis zum Sommer in den Kreisligen bis hinauf zur Bundesliga die Wettkampfsaison noch ordentlich beendet werden kann, ist derzeit (kurz nach Ostern) sehr fraglich. Sogar das Kandidatenturnier in Jekaterinburg (Russland) mit acht der weltbesten Schachspieler zur Ermittlung des Herausforderers für den Weltmeisterschaftskampf gegen Weltmeister Magnus Carlsen fiel der Koronakrise zum Opfer. Am 25.März, genau zur Halbzeit des doppelrundigen Turniers, wurde abgebrochen. Das geschah nicht, weil bei einem der Teilnehmer eine Infektion nachgewiesen wurde, sondern wegen der Ankündigung, dass alle Flüge ab 27.3. aus Russland heraus untersagt sind. Außerdem wuchs die Gefahr, dass die Grenzen der Heimatländer geschlossen sind oder eine 14-tägige Quarantäne droht. Wann die 2.Halbzeit des Kandidatenturniers gespielt wird und wo, das ist noch offen. 

 

Im Gegensatz zu vielen anderen Sportarten sind die Schachspieler noch recht gut dran. Es gibt genügend Schachprogramme, die als Gegner fungieren. Leistungsstufen lassen sich dem eigenen Spielniveau anpassen. Auch besteht die Möglichkeit online nach persönlicher Anmeldung auf einer entsprechenden Internetplattform gegen einen Gegner irgendwo auf diesem Globus Schach zu spielen. Im Gegensatz zum früher üblichen Fernschach per Brief oder Postkarte sind Zeitbegrenzungen für die Partie Pflicht.

 

Internetadresse: www.schach-in-muellrose.de 

 

Schachgeschichten

Pech gehabt: Dem früheren Schachweltmeister Robert James (Bobby) Fischer ist es zu verdanken, dass Startgelder und Preisgelder bei Großmeisterturnieren und ähnlichen Veranstaltungen deutlich aufgestockt wurden. Für seine Auftritte und Beteiligungen verlangte er ultimativ höhere Vergütungen. Das wurde diesem Schachgenie auch gewährt, anfangs wohl zähneknirschend. Davon profitierte in der Folgezeit die gesamte Schachelite, die als Berufsschachspieler mit einem ordentlichen Einkommen rechnen konnten. In einer solch finanziell komfortablen Situation befand sich der erste Schachweltmeister Wilhelm Steinitz überhaupt nicht. Sponsoren waren knapp, finanzielle Unterstützung von anderswo ebenfalls. Um seine finanzielle Lage zu verbessern, spielte Steinitz in einem Londoner Kaffeehaus regelmäßig Schachpartien um Geld. Zu seinen Dauerkunden gehörte ein wohlhabender englischer Geschäftsmann, der sehr schwach spielte, aber Steinitz für jede gespielte Partie fürstlich entlohnte. Obwohl dieser Geschäftsmann immer wieder verlor, kam er immer wieder. Eines Tages gab ein Freund von Steinitz den Rat, diesen Geschäftsmann doch einmal gewinnen zu lassen, damit er nicht die Lust am Schachspiel verlöre. Gesagt, getan! Bei der nächsten Partie machte Steinitz schlechte Züge, stellte seine Dame ungedeckt den gegnerischen Figuren entgegen und musste dann sogar noch weitere sechs Züge warten, bis der Gegner das merkte  und die Dame geschlagen wurde. Daraufhin gab Steinitz die Partie sofort auf und wollte die Figuren für eine neue Partie aufstellen. Davon wollte der Londoner Geschäftsmann nichts mehr wissen, verließ hoch beglückt das Schachlokal, um im Hinausgehen jedem Anwesenden noch lautstark zu verkünden: „Ich habe den Weltmeister besiegt! Ich habe den Weltmeister besiegt!“. Damit entschwand auch die lukrative Einnahmequelle für Steinitz und wurde nicht wieder im Schachlokal gesichtet.

 

Selbstbewusstsein: Während eines Wettkampfes wurde Steinitz einmal gefragt, wie er denn die Chance sehe, dieses Turnier zu gewinnen. Gesagt haben soll er: „Ich habe die besten Aussichten den ersten Preis zu gewinnen, denn jeder muss gegen Steinitz spielen, nur ich nicht.“

 

Steinitz's Spielstil: Nicht bei allen Zeitgenossen stieß der Spielstil von Steinitz auf Verständnis. Es war auch eine radikale Abkehr von der Zeit der Schachromantik mit Bauernopfern, Figurenopfern und dynamischen Angriffskombinationen. Die Ablehnung eines angebotenen Bauernopfers wurde schon fast als Missachtung des Gegners verstanden. Für Steinitz waren dagegen die Bauern die spielentscheidend wichtigen Figuren auf dem Schachbrett, und er legte den größten Wert auf stabile und vorteilhafte Bauernstrukturen. Ein besonderer Schwerpunkt waren für ihn zum Gewinn führende Bauernendspiele. Über seinen neuen Spielstil wurde viel geredet. Einer seiner Widersacher Henry Edward Bird (1830 – 1908) versuchte einmal den Erfolg des ersten Schachweltmeisters zu erklären: „Geben Sie den Inhalt einer Schachtel mit Schachfiguren in einen Hut, schütteln ihn kräftig und schütten Sie das Ganze aus einem halben Meter Höhe auf das Schachbrett. Dann haben Sie den Stil von Steinitz.“. Bei einer solchen Beschreibung scheint eine gehörige Portion Neid dabei gewesen zu sein

 

J.Fritzsche

 

Lsg_Schachaufgabe: 1. Txh7, Kxh7; 2. Th1+, Lh6; 3. Txh6+, Kxh6; 4. Dh2#

Kommentar schreiben

Kommentare: 0