· 

Schach Serie 134

 

Schach in Müllrose

 

Anfang Oktober startete wieder unsere Müllroser Stadtmeisterschaft in der Hoffnung, dass nicht wieder eine monatelange Sperre der Spielstätte wegen hoher Corona-Infektionen einen Abbruch dieser Stadtmeisterschaft zur Folge hat. Genau das war im letzten Winter der Fall mit einer unvollständigen Spielserie. Auch immer noch ist unklar, wie es in den Schachligen in Deutschland mit den Punktspielserien von 2019/20 regulär weiter gehen soll.

 

Die Müllroser Stadtmeisterschaft wurde am 8.10. offiziell mit den ersten Wertungsspielen begonnen und soll möglichst konsequent von Woche zu Woche weiter geführt werden, um nicht wieder vor dem gleichen Dilemma zu stehen wie im Februar-März-April. Denn nicht auszuschließen ist, dass erneut Sperrungen von Spielstätten angeordnet werden, wenn Covid-19-Infektionen im Land Brandenburg exorbitant ansteigen.

 

Angemeldet für unsere Stadtmeisterschaft haben sich diesmal 14 Schachspieler. Das ist die höchste Teilnehmerzahl der letzten 10 Jahre.

 

Auftakt zur ersten Runde! F: Fritzsche
Auftakt zur ersten Runde! F: Fritzsche

 

Bevor die Partien um die Stadtmeisterschaft mit 1 Stunde Bedenkzeit für jeden Spieler begonnen werden, bleibt es bei der üblichen etwa 15-minütigen „Lehrstunde“ am Demonstrationsbrett. Auch werden weiterhin Schachpartien ohne Wertung oder als Blitzpartien u.a. möglich sein.

 

 

 

Internetadresse: www.schach-in-muellrose.de

 

 

 

Schachgeschichte(n). Der verhinderte Weltmeister

 

In der letzten Ausgabe des Schlaubetalkuriers wurden Psychologen zitiert, die bei Schachspielern sehr sonderbare Charaktereigenschaften entdeckt haben wollten. Dazu gehörte auch der amerikanische Schachmeister Reuben Fine, der sich professionell der Psychoanalyse auf dem Boden der Lehre Siegmund Freuds widmete und auch ein Buch mit dem Titel „ Die Psychologie des Schachspieler“ veröffentlichte. Der Werdegang und das Leben dieses Reuben Fine ist besonders interessant, da er zeitweilig als der stärkste Schachspieler weltweit eingeschätzt wurde. Geboren 1914 als Sohn jüdischer Eltern, die aus Russland nach Amerika ausgewandert waren. Die Begeisterung für das Schachspiel verfestigte sich bei ihm erst im Alter von 13 Jahren, aber dann wurde er innerhalb von nur 5 Jahren zu einem der besten Schachspieler in den USA. Im Jahr 1932 gewann er die US-Western-Championships (inoffizielle US-Meisterschaft) und 1933 mit der US-Mannschaft die Schacholympiade. 1935 reiste Reuben Fine nach Europa und legte eine beeindruckende Siegesserie bei Turnieren hin. Erster Platz Hastings, 1. Oslo, 1. Zaandvort, 1.-2. Amsterdam, 1. Stockholm, 1. Leningrad, 1.-2. Margate, 1.-3. Ostende.

 

1938 Rückkehr in die USA und nun widmete er sich zunächst intensiv dem Studium der Erziehungswissenschaften und der Psychologie. Im Hebst 1938 dann doch Teilnahme am von der FIDE organisierten AVRO-Turnier, an dem auch Weltmeister Aljechin teilnahm. Der Sieger dieses Turniers sollte nach Willen der FIDE der Berechtigung haben, den Weltmeister zum Titelkampf heraus zu fordern. In dem doppelrundigen Turnier gewann Reuben Fine beide Partien gegen Aljechin. Das Turnier schlossen Reuben Fine und Paul Keres (UdSSR) mit gleicher Punktzahl als Sieger ab. Der Beginn des 2. Weltkrieges unterbrach dann alle weiteren Bemühungen um einen WM-Kampf. Mit der heutigen ELO-Wertung hätte Reuben Fine im Jahr 1941 einen Wert von 2762 erreicht und hätte damit weltweit auf Rang 1 gelegen. Weltmeister Aljechin, der aus adligen Verhältnissen in Russland stammte, nach Enteignung von Grundbesitz in der Sowjetunion in ziemlich ärmlichen Verhältnissen lebte, emigrierte nach Westeuropa und nahm die französische Staatsbürgerschaft an. Zunächst von der sowjetischen Führung als Landesverräter angesehen, wurde er zum Staatsfeind, als er sich von der nationalsozialistischen Ideologie beeinflussen ließ und antisowjetische Propaganda betrieb. Das hinderte späteren Weltmeister Michael Botwinnik (UdSSR) nicht daran, mit ausdrücklicher Genehmigung durch Außenminister Molotow, Geheimverhandlungen mit Aljechin um einen WM-Kampf zu führen. Nachdem Aljechin 1946 unter mysteriösen Umständen in einem Hotel in Portugal ums Leben kam, wobei Gerüchte um eine Fremdeinwirkung lange Zeit nicht verstummten, übernahm die FIDE vollends die Organisation einer Schach-WM. Eingeladen für ein Turnier um den Titel im Jahr 1948 wurden Paul Keres, Michael Botwinnik, Wassili Smyslow (alle UdSSR), Reuben Fine, Max Euwe (Niederlande)und Samuel Reshewsky (USA)

 

Reuben Fine sagte ab und hatte dabei mehrere Gründe: Das Jahr 1948 war ihm zu spät. Er war sehr verärgert über die stattgefundenen Geheimverhandlungen zwischen Botwinnik und Aljechin. Er rechnete bei dieser Kandidatenzusammenstellung mit Absprachen zwischen den sowjetischen Spielern. Nach Beendigung des Krieges widmete er sich seiner wissenschaftlichen Arbeit und Schach spielte für ihn nur noch eine Nebenrolle. Aber eines tat die FIDE dennoch: Sie verlieh ihm nachträglich 1950 den Titel „Großmeister“. Als Buchautor war er recht fleißig. Schrieb zwanzig Bücher, auch eines über die Behandlung von Schachendspielen, welches lange Zeit als Standardwerk für Endspiele galt. Reuben Fine nahm zwar auch noch gelegentlich an Schachturnieren teil, ohne dabei auch nur annähernd die Leistungsfähigkeit früherer Jahre zu erreichen. Eine freie Partie aus dem Jahr 1963 gegen den jungen Bobby Fischer erreichte dennoch Berühmtheit. Bobby Fischer gewann die Partie nach nur 17 Zügen und nahm sie in sein Buch „Meine 60 denkwürdigsten Partien“ auf.

 

 

 

J.Fritzsche

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0